28
Apr
2010

Loyalität und Corporate Mentality

In der AFC East regiert marktwirtschaftliche Respektlosigkeit seit eh und je. Die Patriots-Dynastie war bisher maßgeblich dafür verantwortlich, aber mit den Jets und Bill Parcells Dolphins tauchen immer mehr Trittbrettfahrer auf, die lieber erstklassige Arschlöcher, als Menschen sind.

Der Skandal der letzten Tage war Dolphins GM Jeff Ireland, der Dez Bryant beim Combine vor dem Draft gefragt hat, ob seine Mutter eine Prostituierte sei. Eine Entschuldigung folgte erst jetzt, als bekannt wurde, dass er derjenige war, welcher. Schon früher haben die Dolphins Spieler wie Zach Thomas recht unfein geohrfeigt.

Die Art, wie die Jets mit Thomas Jones, Jay Feely und Alan Faneca umgegangen sind, ist zwar nicht ganz so radikal, aber unterstreicht doch die Mentalität, dass Spieler Waren sind, von denen äußerste Loyalität abverlangt wird, die aber mit dem niedrigsten Maß an selbiger verabschiedet werden, wenn sie nicht mehr profitabel sind.

Andere Anekdoten aus dem They Just Don't Care-Lager? Gerald McCoy wurde z.B. beim Combine gefragt, ob er im G-String oder jock strap spielt. Myron Rolles Deserteurs-Image habe ich bereits vorhin angesprochen. Und Toby Gerhart wurde gefragt, ob er sich als weißer RB "entitled" fühlt.

Ich kann mir nicht helfen, als zuzustimmen, wenn im Lichte all dieser Ereignisse Michael Silver über "NFL’s complete disconnect from society when it comes to such things as respect, decorum and class" schreibt, dass es sich bei manchen Managern (wie in dem Fall Ireland) um "A-list A-hole"s handelt. In den meisten Berufen kann man sich derartige Einstellungsgespräche nicht erlauben. Es wird Zeit, dass die NFL dem Neoliberalismus zumindest nicht vorausrennt.

Underneath 280410

(In der Rubrik Underneath werden regelmäßig kurze Nachrichten und Kommentare in Form von Linkdumps angeboten. You know, covering the short passes that keep a drive alive.)
  • Eine wunderschöne Verwunderung darüber, warum S Myron Rolle bis Runde 6 fiel, bevor er von den Titans gedrafted wurde, gibt es hier zu lesen. Rolle nahm sich 2009 'ne Auszeit um in freaking Oxford zu studieren, spielte dann bei der Senior Bowl besser als je zuvor, und manche Coaches fragten ihn beim Combine dann offenbar ins Gesicht, wie es sich anfühlt, sein Team im Stich zu lassen. Unfassbar, diese NFL. Herman Edwards meinte über ihn: "He went to Oxford. That's scary.'' Na, wenn das so ist, Mr. "You play to win the game."...
  • Big Ben ist nun für sechs Spiele gesperrt, und langsam fragen sich die Leute scheinbar, ob die vielen Gehirntraumata dafür verantwortlich sind. PFTs Mike Florio weist zurecht darauf hin, dass diese Idee gefährlich werden wird.
  • Tony Dungy spricht über Brett Favre: "I told him, I think you're coming back. I didn't think he was coming back last year. I talked to him briefly last year, and I really didn't think he was coming back, but once he did and once I could see how much he enjoyed it and enjoyed being with that team... If I was a betting man, I think he'll be back."
  • Oakland hat über's Wochenende nicht nur einen passable Draft hingelegt (Schoker!), sondern auch QB Jason Campbell geholt, der trotz aller "Nicht so schnell!"s wohl 2010 für die Raiders starten wird. Jetzt ist JaMarcus Russells Entlassung nur eine Frage der Zeit. Wer sich an die Gründe dafür erinnern möchte, sieht sich dieses wirklich traurige Video zu "Mad World" an, und vergleicht Russell mit Ryan Leaf.
  • Wer's genau wissen will, liest Peter Kings detaillierte Story über Josh McDaniels und Tim Tebow. Ich kann das slashfic schon vor mir sehen, vor allem wenn Tebow über das combine meeting sagt: " The juice level in that room was high, and it was awesome." Phew, heiß. (Der große Loser der Story ist aber natürlich nicht Kyle Orton, sondern Brady Quinn.)
  • Darüber, wie richtig alles an dem Wochenende für die Seahawks lief, kann man hier schön schmökern. Zitat Pete Carroll: "Are we rockin' and rollin' or what?!'' King versammelt in seinem MMQB diesmal auch Stories darüber, wie Mike Holmgren sich durchsetzen kann, einen obligatorischen Sicko-Ausholer (bitte, aufhören!), folgendes Spitzenzitat: "Feed your kids! Feed your kids! Feed your kids!'' (PFTs Mike Florio zu Antonio Cromartie) und folgenden Spitzentweet: "LenDale White traded for a ham sandwich, which he ate.'' (former NFL executive Andrew Brandt)
  • Und zum Abschluss dieses Mörder-Underneaths noch was zum Lachen, The Onion: "Long-Standing, League-Wide Practical Joke Culminates In Sam Bradford Not Being Picked In NFL Draft"

2010 Draft Recap (Part 3)

#22: Denver Broncos | Demaryius Thomas (WR, Georgia Tech Yellowjackets)

So sinnvoll die bisherigen Denver-Trades, so fragwürdig erscheint mir der hier. Sie traden 2 Plätz nach oben, um den zweitbesten WR des Drafts zu holen? Heyward-Bey-Wiederholung? Aber gut, Dez Bryant hat sich wohl wirklich unsympathisch gemacht, und nach Marshalls Abgang war WR sicher eine der Positions of Need schlechthin.

#23: Green Bay Packers | Bryan Bulaga (LT, Iowa Hawkeyes)

Ein wunderbarer Pick, ist Bulaga doch nur deshalb aus den Top 10 gerutscht, weil irgendein Messwert mal wieder komisch war. Ich hasse sowas, immer. Green Bay kriegt hier einen wirklich tollen, intelligenten Tackle, den man eventuell ein Jahr lang innen gedeihen lassen wird, bevor er seine erste Pro Bowl als LT haben wird. Wie schon der (mittlerweile legendäre? Darf man das schon so sagen?) Switch in der protection scheme 2009 gezeigt hat, gilt für die Packers O-Line wohl noch immer: Less quantity means more quality.

#24: Dallas Cowboys | Dez Bryant (WR, Oklahoma State Cowboys)

Es gibt wohl keinen perfekteren Pick für Jerry Jones als den hier. Dez Bryant ist alles, was die Cowboys ausmacht: Ein großartiger Athlet mit einer unausstehlichen Attitüde. Roy Wlliams kann wohl seine Sachen langsam packen, wird dieser junge Herr hier wohl neben Miles Austin und Jason Witten relativ bald den großteil der Romo-Pässe abbekommen.

#25: Denver Broncos | Tim Tebow (QB, Florida Gators)

Der head-scratcher schlechthin. Nicht nur ist der Deal, den die Broncos machten, um von #43 auf #25 zu springen auf dem Papier schon ein absurd schlechter, er macht auch erst Recht weniger Sinn, wenn man bedenkt was für ein wackeliges Projekt Tebow selbst ist und was für andere Needs das Team sonst so hatte zu dem Zeitpunkt. Da muss wohl was religiöses, magisches dran sein an dem Typen. McDaniels betont übrigens, dass er Tebow als QB sieht, und nichts anderes. Wozu man dann Brady Quinn geholt hat, steht wohl in den Sternen.

#26: Arizona Cardinals | Dan Williams (DT, Tennessee Volunteers)

Ein value pick ohne Frage, wurde Williams schon von einigen Stellen als ein Top 15 Kandidat gehandelt. Ob die im Auseinanderfallen begriffene Offense oder die stellenweise nicht vorhandene Defense dringender einen Erstrundenpick gebraucht hätte, ist schwierig zu beantworten, aber zumindest zusammen mit Zweitrundenpick LB Daryl Washington, scheint die Defense wenigstens konsistent verbessert worden zu sein.

#27: New England Patriots | Devin McCourty (CB, Rutgers Scarlet Knights)

Kyle Wil... ah, nevermind. It won't happend. Die Pats suchen natürlich nach mehr als nur einem CB, und McCourty bietet ein wunderbares special teams-Talent, mit der er sofort Impact haben kann, während er sich langsam im depth chart der Secondary hocharbeitet. Wie immer bei den Patriots, ein sehr schlauer Pick.

#28: Miami Dolphins | Jared Odrick (DT, Penn State Nittany Lions)

Parcells findet hier natürlich irren Value nach dem trade down, ist Odrick wohl der beste 3-4 DE des Drafts. Gegen den Lauf (der Teil des Spiels, der er einfach als "being a man" beschreibt) sicher fundamental, aber ob der pass rush auch so schnell so gut laufen wird? Jedenfalls ist Odrick nicht der "gefühlte" Erstrundenpick der Dolphins, wird ihre Defense glaube ich Zukunft viel mehr vom Zweirundenpick OLB Koa Misi abhängen. Odrick war nur gutes Beiwerk zum trade down, der ihnen erst diesen Zweitrundenpick (den sie durch den Marshall-Trade ja abgaben) ermöglichte. Smart move, vor allem wenn man die off-season Verluste von Joey Porter und Jason Tayler bedenkt.

#29: New York Jets | Kyle Wilson (CB, Florida Gators)

Ha, finally! Kyle Wilson! Endlich! Zu einem Team mit... ähm... allem anderen als CB-Needs?! Okay, als Rex Ryan Antonio Cromartie holte, war klar: Er spielt 2010 nur noch Cover 0. Jetzt kann er Cover -1 spielen! Wer hätte auch gedacht, dass Ryan "logisch" draften würde, pfft. Smart-ass crazy, ist diese neue Jets-Philosophie wohl scheinbar wirklich folgende: Wenn ihr alle von QB-driven era reden wollt, dann reden wir halt von Secondary-driven. Punk galore, mes amis, punk galore.

#30: Detroit Lions | Jahvid Best (RB, California Golden Bears)

Super Deal für die Lions, nochmal in Runde 1 zurückzukehren. Best gibt ihnen das letzte Puzzlestück zu einer funktionierenden Offense, und wird wohl bald Kevin Smith ablösen.

#31: Indianapolis Colts | Jerry Hughes (DE/OLB, TCU Horned Frogs)

Ein dritter speed rusher im Bunde um Mathis und Freeney war ein gefundes Fressen für die Colts. Ich wäre zwar O-Line gegangen, aber hey, das konservativste Franchise der NFL wird nicht plötzlich anfangen sowas wie das schlechteste Laufspiel der Liga zu reparieren, wenn man auch so in die Superbowl kommt. Wahrscheinlich wählt Peyton selbst die Draftpicks aus: "What do you mean... offense? I'm fine. Let's pick one for those other 11 dudes!"

#32: New Orleans Saints | Patrick Robinson (CB, Florida State Seminoles)

Hm, wieder so ein Athlet, der sich durch Inkonsistenz auszeichnet. Außerdem sicher ein Best Player Available-Szenario, weil die Saints glaube ich nur besagtes kennen, wenn man bedenkt, dass sie Needs als Konzept nicht kennen und selbst wenn, dann nur zufällig adressieren (wie in Runde 4 diesmal). Aber eventuell mussten sie den Weg gehen, sollte Malcolm Jenkins wirklich Darren Sharper auf S ersetzen müssen. Was auch absurd wäre. Hm, weiß nicht so recht, weiß nicht so recht.

2010 Draft Recap (Part 2)

#11: San Francisco 49ers | Anthony Davis (LT, Rutgers Scarlet Knights)

Für Denver, die offenbar wirklich nichts auf Pick #11 gesucht haben, war hier runtertraden natürlich ideal. Die 49ers haben aber eine teuren Preis dafür bezahlt, Davis auf #11 statt auf #13 zu kriegen, da weder Denver, noch Miami Anstalten gemacht haben, Davis zu nehmen, und selbet wenn: Mit Bulaga war noch immer ein mehr als respektabler Plan B da. Vielleicht sehen die 49ers was in Davis, was andere nicht sahen?

#12: San Diego Chargers | Ryan Matthews (RB, Fresno State Bulldugs)

Die Chargers holen sich einen LT-Ersatz, für den sie 16 Plätze nach vorne traden. Für mich verständlich, da mit Spiller weg die Seahawks auf #14 eventuell wirklich Matthews weggeschnappt hätten (was die nach dem Draft folgenden RB-Einkäufe auch bestätigen). Matthews und Sproles werden nun versuchen, das Chargers-Laufspiel (31. letzte Saison) zu retten.

#13: Philadelphia Eagles | Brandon Graham (DE, Michigan Wolverines)

Denver geht weiter runter, und die Eagles wollen rauf, um endlich das Loch in der Secondary, das Brian Dawkins hinterlassen hat, mit dem noch immer im Draft befindlichen zweitbesten Safety... Moment, was? Brandon Graham? Als bereits Top 3 Sack-Maschine der Liga (gegen den Pass sind sie höchsten Mittefeld gewesen letztes Jahr)? Was ist denn hier passiert?

#14: Seattle Seahawks | Earl Thomas (S, Texas Longhorns)

Besagten zweitbesten Saftey des Drafts schnappte sich dafür dann Seattle mit ihrem zweiten Erstrundenpick. Thomas poliert eine miserable Secondary auf, die nun etwas ruhiger in die alljährlichen Duelle mit Larry Fitzgerald gehen kann.

#15: New York Giants | Jason Pierre-Paul (DE, South Florida Bulls)

Ähm, ja, irgendwer musste ja in den sauren Apfel beißen. Ein Paradebeispiel für einen furchtbaren Pick, da JPP das Paradebeispiel eines project players ist, der derzeit nichts als Athletik anbieten kann. Spielanlage, Technik und Mentales sind noch so weit weg von Starter-Niveau, dass man sich nur am Kopf kratzen kann, wie ein so unfertiger Spieler so früh gedrafted werde kann. Erstrundenpicks dürfen nicht drei Jahre brauchen, um sich zu entwickeln, sie müssen sofort ein Team besser machen. Fragt nur mal Atlanta und wie es ihnen mit Jamaal Anderson ergangen ist. JPP ist Anderson 2.0 waiting to happen.

#16: Tennessee Titans | Derrick Morgan (DE, Georgia Tech Yellowjackets)

Im Gegensatz zu JPP ist Morgan hingegen ein wunderschöner, kompletter DE, den zu nehmen viel schlauer ist, als die Secondary zu stärken: Morgan wird gegen Lauf und Pass helfen, und Kyle Vanden Boschs Abgang wird dadurch perfekt kompensiert.

#17: San Francisco 49ers | Mike Iupati (G, Idaho Vandals)

Ihr erster Pick auf #11 ging an die O-Line. Ihr zweiter Pick ist dann wohl wirklich wie Ostern und Weihnachten zusammen. Für Frank Gore, natürlich. Dennoch, muss man hier ungefähr die Kyle Wilson Watch ansetzen, denn der wohl zweitbeste CB des ganzen Drafts wäre in SF sehr gut aufgehoben gewesen, und ein Need war CB hier definitiv auch.

#18: Pittsburgh Steelers | Maurkice Pouncey (C, Florida Gators)

Wie SF, umgehen die Steelers Wilson für O-Line, in dem Fall für den vermutlich vielseitigsten C seit langem. Mit der Big Ben-Sperre steigt sein Wert für Tag 1 natürlich auf Anhieb, aber keine Sorge, das hier ist kein kurzsichtiger short-term pick: Pouncey wird diese O-Line in einer Division voller guter Defenses lange ankern.

#19: Atlanta Falcons | Sean Weatherspoon (OLB, Missouri Tigers)

Im Vorfeld schon zum inevitable pick deklariert, machen die Falcons hier den einzig richtigen Schritt in einem durch und durch geschickten Draft: Best available player at a position of need. Spoon ersetzt den bereist 34-jährigen Mike Peterson und wird zusammen mit Curtis Lofton diese neue, junge Defense als vocal leader zu stabilisieren versuchen.

#20: Houston Texans | Kareem Jackson (CB, Alabama Crimson Tide)

Endlich also Kyle Wil... ne, Moment. Die Texans outsmarten hier common sense und suchen sich als Dunta Robinson-Ersatz einen Nick Saban-Schüler? Hm. Gar nicht so blöd.

#21: Cincinnati Bengals | Jermaine Gresham (TE, Oklahoma Sooners)

Palmer hat einen TE! Unfassbar! Wenn die Bengals plötzlich diese bisher nicht vorhandene Dimension in ihre Offense geschickt einbauen können, sind die erneuten Playoffs wohl nur 'ne Formalität. Palner hat nun Ocho, Antonio Bryant und einen TE. Was Cedric Benson wohl davon hält? Und wer war denn der letzte erwähnenswerte Bengals-TE? Kann sich wer überhaupt daran erinnern?

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