1
Mai
2010

2009 Review: Carolina Panthers

(In der Rubrik 2009 Review werden die letztjährigen Saisonen aller 32 NFL-Teams kurz aus meiner Perspektive zusammengefasst, inklusive Schlüsselmomenten, subjektiver Bewertung und Ausblick auf 2010, soweit derzeit möglich.)

panthers-logoAls Jake Delhomme an seinem 34. Geburtstag im Alleingang die Panthers nach einer guten 08er-Saison aus den Playoffs wirft (5 Interceptions; ein lost fumble), hat er wohl nicht ahnen können, dass er dieses Momentum für 2009 nicht so bald ablegen wird können. Als ein trauriger Karriere-definierender Punkt, der wie ein Damokles-Schwert über 2009 hing, war das nur ein Katalysator für den Zusammenbruch eines Teams, dass immer genug Talent hat, um okay zu sein, aber in diesem Jahr die Mängel auf allen Ebenen aufgezeigt bekam, die sie daran hindern, tatsächlicher Superbowl-Contender zu sein.

What happened? Das Trauma nahm seinen Lauf, als die Panthers in Woche 1 noch schlechter als in den Playoffs davor spielten: Ein 38-10 Debakel gegen die Eagles, in dem Delhomme schon gebencht wird und die Offense 169 yards zustande bringt. In den weiteren Wochen zeigen die vermeintlichen Stärken der Panthers erste Risse: Julius Peppers spielt nicht mit, DeAngelo Williams erlebt seinen ersten Fumble in zwei Seasons, und die Red Zone Performance ist katastrophal. Mit einem 0-3 geht man in die bye, Delhomme steht bei 2 TDs zu 7 INTs und 7 Sacks. Aus der bye geht man etwas gestärkt heraus: Mit einer Phallanx an schwachen Gegnern entwickelt man Momentum mit Siegen über Washington und Tampa, aber als man zu Hause in Woche 7 gegen die Bills untergeht, wird klar, das mit den Special Teams und Delhommes mentalen Problemen ein winning record kaum zu holen sein wird. Die ersten Rufe nach Backup Matt Moore werden laut, verstummen aber im Woche 8, als es zum großen Playoff-Rematch mit den Cardinals kommt. In einer Ironie des Schicksals drehen sich die Rollen um, Kurt Warner wirft 5 Interceptions und verliert einen Fumble und das Panthers RB Duo Williams/Stewart läuft mit Saus und Braus über die damals beste run defense der Liga drüber. Vielleicht gibt's also doch Hoffnung, mit Laufspiel und Secondary. Die erste Hälfte gegen die Saints die Woche drauf, funktioniert auch genau so, die zweite Hälfte aber dann wieder wie das Buffalo-Spiel. Das Playcalling ist ungefähr so schizophren wie die Jekyll & Hyde-Laufmentalität der Panthers: Delhomme besiegt Atlanta mit 24 Attempts, gegen die Dolphins lässt man ihn 42 mal werfen - und verliert natürlich. Delhomme ist 0-6 wenn er 30 Attempts oder mehr hat, etwas was dem coaching staff auffallen müsste. Eine Verletzung klärt die QB-Frage aber so oder so, ab Woche 13 startet Matt Moore und geht 4-1 zum Abschluss der Saison, u.a. gegen durchaus beachtliche Giants und Vikings. Vor allem das Vikings-Spiel lässt Hoffnung für die Zukunft aufkommen.

What's coming? Die Offseason liest sich bisher ernüchternd. Delhomme ist raus, Julius Peppers ist raus, Muhsin Muhammad, der vielleicht einzige #2 WR, der mit Steve Smith zusammenspielen konnte, ist raus. Dieser Need ist wirklich gravierend, denn die Panthers haben keinen herausragenden catching TE, und Steve Smith allein wird kein Passspiel tragen können wegen konstanten double teams. Ob der Drittrundenpick Brandon LaFell dieser #2 WR sein wird, wird sich herausstellen, aber viel spannender wird natürlich die Frage sein, was auf QB passiert: Matt Moore hat viel Potential gezeigt und 4 Spiele gewonnen. Aber das alles wird in Frage gestellt dadurch, dass die Panthers völlig überraschend in Runde 2 des (wie immer bei Carolina leicht fragwürdigen) Drafts Jimmy Clausen geholt haben. Ich glaube nicht, dass Clausen in Woche 1 starten wird, aber sollte Moore nicht aufgehen, glaube ich, dass Clausen halfway through the season übernehmen wird. Und dann hat Coach John Fox noch eine letzte Chance, seine Haut zu retten. Das einzige, was diesem rebuilding team im Weg stehen könnte, ist die Division: So wie sie derzeit aussieht, schätze ich sowohl die Saints, als auch die Falcons als bessere Teams ein. Eine baldige Playoff-Teilnahme (was wohl Bedingung sein wird für eine Fox-Zukunft) wirkt da relativ unrealistisch.

Dolphins spinnen weiter

In beiderlei Bedeutung des Wortes. Sie spinnen im Sinne von bescheuert sein, und sie spinnen eine Story, nämlich die Dez Bryant Story, weiter und weiter, obwohl es doch wirklich nur allzu logisch wäre, es mit der Entschuldigung als abgeschlossen anzusehen, und nicht weiter Aufmerksamkeit auf dieses mittlere PR-Fiasko zu lenken.

Aber es geht immer weiter. Während die einen sich Gedanken darüber machen, wie man die Täter solcher Grenzüberschreitungen als arme, wehrlose Opfer des kapitalistischen Drucks zurechtrationalisieren könnte, bringen die anderen Informationen in Umlauf, die Bryant selber als den Schuldigen darstellen sollen.

Die Sache lief in der Version so ab: Ireland fragte, was Bryants Vater macht. Antwort: Pimp. Mutter? Arbeitet für ihn. Als Hure? Nein, was anderes.

Und der Witz an der Sache: Die Dolphins haben diese, ihre Version der Geschichte, die eindeutig die "Entgleisung" als eine von Bryant eingeführte kommunikative Komponente darstellt, nirgends offiziell verkündet, sonder leaken die Info über Mittelsleute und Medienpartner, die alle "nahe dran" sind und "Sources" haben. PFT fasst zusammen: "The story originated, by all appearances, on the Twitter feed of the Dan Le Batard Show, a staple of 790 The Ticket in Miami.  Frankly, the tweet reads like a joke.  Apparently, it's not a joke. Which, of course, makes it a joke."

Wie wahr, wie wahr. Ganz ESPN wurde scheinbar in Bewegung versetzt um diese Version der Geschichte in Umlauf zu bringen, als "wahren" Kontext zu platzieren, und Bryant somit die Munition zu nehmen in einem Kampf, der eigentlich schon längst fertig war.

Ernsthaft, was genau bezwecken die Dolphins mit so einer Strategie? Dass wir uns Irelands (vom öffentlichen Aufschrei erzwungene, nicht freiwillige) Entschuldigung anhören, jetzt den Kontext erfahren und uns denken: "Ah! Er hat sich entschuldigt für etwas, was Bryant selber in Bewegung gebracht hat! Jetzt macht die Sache Sinn." Ist das die Strategie hier?

Und selbst wenn: Die Dolphins haben offiziell die Sache abgeschlossen, und trauen sich nicht einmal, diesen Revisionismus unter ihrem eigenen Namen zu publizieren. Sie wissen nicht, woher die Info kam. Das Bryant-Lager nennt nun verständlicherweise diese geleakte Version "bullshit" und eine Lüge. Ihre Dementi werden aber von den Medien wiederum merkwürdig verhandelt, weil ESPN scheinbar wirklich diese Dolphins-Version unterbringen möchte.

Im Endeffekt bin ich von Parcells und Ireland maßlos enttäuscht, da sie nicht nur eine unfeine Attitüde im Umgang mit ihrer Organisation und den Angestellten bewiesen haben, sondern auch, weil sie stur genug sind mit billigsten und fragwürdigsten Mitteln wie inoffiziellen Hinterrückskampagnen, ihr eigenes Eingeständnis eines Fehlers zu relativieren. Warum so stolz, liebe Dolphins? Ist es nicht okay, sich mal zu entschuldigen? Verkraftet das das große Tuna-Ego nicht?

Jetzt wird die Sache natürlich womöglich noch hitziger, da Bryants Dementi in einem Kontext von "Er hat schon früher gelogen!" stehen, und diese nie offizielle verlautbarte neue Version der Story nur im Kontext einer Entschuldigung steht, die man verkaufen kann als medieninduzierte Nettigkeit, nicht als der faktuelle Widerspruch zu der Version der Geschichte, der sie ist. Und überhaupt, kann das Management der Dolphins ja für gar nix was, denn es sind eh alles die Medien und der Draft-Druck und das viele Geld und die Zeiten, die sie zu solchen Handlungen zwingen, und wenn sie könnten, würden sie eh anders...

Bitte. Verschont mich. Und hört's auf zu spinnen.

Catch 42

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